Schulbegleitung über das persönliche Budget

Fragestellungen zu Schule und Kindergarten bei beh. Kindern

Schulbegleitung über das persönliche Budget

Beitragvon Sisa » 25/8/2008, 17:45

Hallo Sascha!
Habe in deiner Vorstellung gelesen, dass die Mädels eine Schulbegleitung haben, welche ihr über das persönliche Budget finanziert habt.
Dazu meine Fragen:
-> wie geht das?
-> welche Ämter habt ihr mit welchen Anträgen aufgesucht?
-> gehört dazu auch die Begleitung zur Schule und nach Hause?

Fragende Grüße
Silke

Edit: Ãœberschrift verallgemeinert
Zuletzt geändert von Sisa am 6/9/2008, 21:31, insgesamt 1-mal geändert.
Sisa
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Beitragvon Sascha » 5/9/2008, 22:26

Uuuaaaarrgghh. Hab ich tatsächlich übersehen – sorry. Ich sollte dann doch mehr als 3 Stunden schlafen.

-> wie geht das?
Recht einfach.

-> welche Ämter habt ihr mit welchen Anträgen aufgesucht?
Nach §§ 53, 54/1 SGB XII ist das Sozialamt (Eingliederungshilfe) dafür zuständig. Einfach einen formlosen Antrag stellen: „Hiermit beantrage ich für ... Eingliederungshilfe in Form des Persönlichen Budgets.

-> gehört dazu auch die Begleitung zur Schule und nach Hause?
Jein.

Aber der Reihe nach. Nach dem Antrag bekamen wir einen Termin für ein Gespräch. In diesem ging es um den Umfang der Leistungen und – natürlich – ums Geld. Das Sozialamt wollte 11 Euro zahlen, wir wollten 21 Euro. Nach einigem hin und her einigten wir uns auf 16 Euro/Stunde und auf 20 Betreuungsstunden/Woche, gemäß dem Stundenplan. Es wurde die Zielvereinbarung unterschrieben, ein Nachweis über die Verwendung der Gelder, ist, gemäß der Verordnung zum PersB, nicht zu erbringen.

Nun war ich Arbeitgeber. Per Telefon besorgte ich mir beim Arbeitsamt eine Betriebsnummer, damit ging ich zum Finanzamt und bekam eine eigene Steuernummer. Die „Firma“ war geboren.

Um eine passende Begleiterin zu finden, wollten wir erst eine Anzeige im örtlichen Wurstblättchen aufgeben. Allerdings hat es sich vorher herumgesprochen und wir hatten auf einmal 3 Bewerberinnen. Bei einer davon passte die gesamte Chemie und wir wählen sie aus. Ich machte mit ihr einen Arbeitsvertrag, meldete sie bei der KK an und natürlich auch beim FA. Wichtig ist auch die Meldung bei der gesetzlichen Unfallversicherung! Die ganze Beitragsrechnerei macht ein Steuerbüro für uns.

So, nun bekommen wir ja nur Geld für die reine Schulzeit, und es beginnt die Rechnerei. Das Jahr hat 12 Monate, davon sind, nach Abzug der Ferien/Feiertage, ca. 9 Monate reine Schulzeit. Es ist fürs Amt recht kompliziert, die einzelnen Beträge für jeden Monat zu errechnen und diese Beträge einzeln zu überweisen. Deswegen, und das ist im Sinne des PersB, wird der Betrag aufs Jahr umgerechnet und wir bekommen jeden Monat immer die gleiche Summe per Dauerauftrag überwiesen.

Ich rechne es mal ganz grob vor:
20 Stunden/Woche x 4 Wochen/Monat = 80 bezahlte Stunden/Monat.
80 Stunden/Monat x 9 Schulmonate = 720 Stunden/Jahr.
720 Stunden x 16 Euro (Stundenlohn) = 11520 Euro.
11520 Euro : 12 Monate = 960 Euro/Monat.

Wir haben also jeden Monat 960 Euro zur Verfügung, auch in den Ferien.
Im Arbeitsvertrag hab ich geschrieben, dass die monatliche Arbeitszeit 80 Stunden beträgt. Demzufolge müsste sie auch in den Ferien arbeiten. Dadurch jedoch, dass sie jeden Tag eine knappe „Ãœberstunde“ hat (Wege) sammelt sie diese und bummelt die Ãœberstunden in der Ferienzeit ab. Auf diese Weise habe ich die Wege mitfinanziert. Das ist legitim und legal und im Sinne des PersB!

Da ich als Arbeitgeber auch Sozialabgaben, Steuern, ges. Unfallversicherung, Steuerberater, Kontogebühren etc. tragen muss, ist es sehr sinnvoll, diese Ausgaben mit einzuberechnen, sonst ist die „Firma“ noch vor Monatsende insolvent. Also zahle ich der Schulbegleiterin nicht 960 Euro/Monat, sondern 760 Euro.

Aber rechnen wir gleich weiter. Für die Schulbegleiterin ergibt sich folgende Rechnung:

Arbeitnehmer Bruttolohn: 760,00 €
Brutto für Gleitzone: 750,93 €
Lohnsteuer: 0,00 €
Solidaritätszuschlag: 0,00 €
Kirchensteuer: 0,00 €
Kammerbeitrag: 0,00 €
Krankenversicherung: 56,46 €
Rentenversicherung: 73,82 €
Arbeitslosenversicherung: 12,24 €
Pflegeversicherung: 7,23 €

Abzüge gesamt: 149,75 €

Nettobetrag Schulbegleiterin: 610,25 €

Für mich gilt diese Rechnung:

Arbeitgeber Bruttolohn: 760,00 €
Krankenversicherung: 50,92 €
Rentenversicherung: 75,62 €
Arbeitslosenversicherung: 12,54 €
Pflegeversicherung: 7,41 €
Umlage 1: 9,01 €
Umlage 2: 1,50 €

Arbeitgeberbelastung: 917,00 €

Ich habe also 917 Euro Kosten. Dazu kommt noch 14,50 Euro Steuerberater und ca. 6 Euro gesetzliche Unfallversicherung. Das macht zusammen 937,50 Euro. 960 Euro bekomme ich, bleibt also ein Plus von 22,50 Euro für evtl. sonstige Ausgaben, wenn da mal welche anfallen sollten. Sollte dann am Jahresende noch was übrig sein, gehe ich mit unserer Schulbegleiterin Essen. ;)
(Die Zahlen sind ganz grob gerundet. Tatsächlich sind es etwas mehr als 9 Monate Schule. Die Rechnung ansich ist aber korrekt.)

Den Lohn überweise ich per Dauerauftrag, Steuern und Sozialabgaben werden per Lastschrift vom „Firmenkonto“ abgebucht. Die Lohnabrechnung, Meldung zur Sozialversicherung und all den anderen Papierkram erledigt das Steuerbüro.

Im ersten Moment klingt das vllt. etwas kompliziert, ist es aber nicht. Es geht quasi von selbst. Ich bin begeistert!

Alles verstanden??

Viele Grüße
Sascha
:smile:
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Beitragvon Sisa » 5/9/2008, 23:08

Hey, Sascha, dass hört sich wirklich gut an - Dankeschön für diese Erklärung.
Hmm, beim Firmenkonto hast du die Kontoführungsgebühren nicht mit aufgeführt - das Weihnachts-Essen würde dadurch aber nicht wesentlich geschmälert :biggrin:

Wie ist das nun aber, wenn die Zwillinge wegen einer Reha 4 Wochen in der Schule fehlen - was passiert dann mit dem pB?

Ich werde dann mal auf uns bezogen, konkreter:
Sarah kommt ja per Taxi zur Schule. Mit diesem Taxi-Unternehmen haben wir sehr viel Glück gehabt - es sind 5 verschiedene Fahrer, aber alle miteinander bringen Sarah samt Rollstuhl, Schultasche und Laptop bis vor's Klassenzimmer. Sie sind pünktlich und zuverlässig.
Leider ist es so, dass ich den Transport jährlich neu beantragen muss UND der Kreis dann eine Ausschreibung dafür macht.
Bedeutet für uns, nicht zu wissen, ob im nächsten Schuljahr wieder "unser" Taxi fahren darf.
Weiterer Punkt ist eine Schulbegleitung auf Ausflügen, aber auch, weil Sarah immer selbstständiger wird, in ihrer Freizeit. Wer möchte schon immer auf Mutter angewiesen sein, wenns um einen Stadtbummel oder ähnliches geht? Die Schulbegleitung hat bisher immer die Schule organisiert, jedoch dann immer (irgend-)eine Referendarin - also jemand neues, der sich dann erst auf Sarah einstellen muss und umgekehrt. Es ist nicht so, dass das nicht funktioniert hätte - aber der letzte Ausflug hat da dann schon die Grenzen aufgezeigt: Die Referendarin ist ja für die Schüler eine Lehrerin und so war Sarahs 4er Gruppe unter "Aufsicht".
Der nächste Schulausflug soll jetzt ohne Hilfe stattfinden - da geht es dann schon los, wenn die Mädels in einen Krimskramsladen wollen - die Gänge sehr eng sind und Sarah draußen stehen bleiben (muss).
Sarah hat eine Freundin in der Klasse, jedoch ist diese gruppenorientiert..
Privat steht als nächstes die Konfer-Freizeit auf dem Plan - bisher bin ich als Mutter zur Begleitung gedacht - schmeckt mir nicht so. Lieber würde ich, wie die anderen Mütter auch, zum kochen hinfahren und wieder heim.

Also: wie könnte ich Taxi und Assistenz beantragen? Ich weiß doch gar nicht, was meine Tochter so alles auf dem Plan hat - bisher musste sie sich da ja nach mir richten..
Bestände auch für die Freizeit-Aktivitäten die Möglichkeiten, das Taxi einzusetzen, weil ich vom pB des Taxis noch was über habe?

Fragende Grüße
Silke
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Beitragvon Sascha » 6/9/2008, 16:33

Hey Silke,

Sisa hat geschrieben:Hmm, beim Firmenkonto hast du die Kontoführungsgebühren nicht mit aufgeführt
Mein Firmenkonto ist gebührenfrei. ;)

Sisa hat geschrieben:Wie ist das nun aber, wenn die Zwillinge wegen einer Reha 4 Wochen in der Schule fehlen - was passiert dann mit dem pB?
Sie hatten jetzt 3 Reha's, das muss reichen für die nächste Zeit.

Sisa hat geschrieben:Leider ist es so, dass ich den Transport jährlich neu beantragen muss
Ist normal. Muss ich mit der Schulbegleitung auch.

Sisa hat geschrieben:Weiterer Punkt ist eine Schulbegleitung auf Ausflügen,
Die Schulbegleiterin fährt mit. So kann sie Überstunden sammeln.

Sisa hat geschrieben:Also: wie könnte ich Taxi und Assistenz beantragen?
Na das machst Du doch jedes Jahr. Beantrage diese Sache "in Form des Persönlichen Budgets". Dann musst Du Dich kümmern.

Sisa hat geschrieben:Bestände auch für die Freizeit-Aktivitäten die Möglichkeiten, das Taxi einzusetzen, weil ich vom pB des Taxis noch was über habe?
Yes. Dafür müsstest Du die Regelsätze für die Taxifahrten rauskriegen, die das Amt bezahlt. Wenn Du einen findest, der billiger ist, kannst darüber verfügen.

:wink:
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Beitragvon Reiner » 6/9/2008, 19:06

Hallo,

nachdem ich jetzt auch diesen Thread gelesen habe, bleibt die interessante Frage, wer könnte hierzu verbindliche Angaben machen ??

Sisa hat folgendes geschrieben: ‹ markieren ›
Bestände auch für die Freizeit-Aktivitäten die Möglichkeiten, das Taxi einzusetzen, weil ich vom pB des Taxis noch was über habe?
Yes. Dafür müsstest Du die Regelsätze für die Taxifahrten rauskriegen, die das Amt bezahlt. Wenn Du einen findest, der billiger ist, kannst darüber verfügen


Sollte ein Kostenträger daran interessiert sein, diese Leistung über das PB abzurechnen ? ODer wir dann der Kostensatz für eine Sammeltransport bei der Festlegung des PB angesetzt ?

LG

Reiner

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Beitragvon Sisa » 6/9/2008, 21:10

Hallo Sascha!
Nee, im Moment beantrage ich keine Assistenz - die Schulassistenz hat die Schule selbst in Angriff genommen, da hab ich nix mit zu tun.
Und wie soll ich den Bedarf an Assistenz einschätzen?
Normalerweise beantrage ich, wenn die Schule keine Referendarin einsetzen kann, ganz explizit für diese eine Maßnahme eine Begleitung über die Eingliederungshilfe.
Freizeit-Aktivitäten, die Sarah ohne Mutters Rockzipfel machen wollte (wie z.B. die Ferien-AG der Schule) hatte ich bisher über die Verhinderungspflege abgedeckt.
Nur: Die Verhinderungspflege werde ich angesichts der OP im nächsten Jahr und dem daraus resultierenden Mehrbedarf an Hilfe schon ziemlich ausschöpfen.
Zudem eine Freizeit-Aktivität meines Erachtens ja keine Pflegeleistung, die ich erbringe, darstellt - insofern bin ich ja auch nicht verhindert...

viele Grüße
Silke
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Beitragvon Sascha » 8/9/2008, 18:33

Hey Leute,

sorry, dass ich erst heute schreibe. Wir waren am WE bei einer Feier bei einem großen HM-Hersteller. Die haben mich kaputt gemacht. ;)

Reiner hat geschrieben:Sollte ein Kostenträger daran interessiert sein, diese Leistung über das PB abzurechnen ? ODer wir dann der Kostensatz für eine Sammeltransport bei der Festlegung des PB angesetzt ?


Das, so denke ich, ist Verhandlungssache. Meiner Meinung nach, können die keinen Sammeltransport zur Grundlage legen, wenn das PersB erfolgen soll. Der Sinn dessen ist ja auch eine Selbstbestimmung. Diese kann aber nicht gewährleistet werden, wenn von vorn herein Sammeltransporte verlangt werden.

Übrigens hat man einen Rechtsanspruch aufs PersB. Wenn Ihr sagt, Ihr möchtet eine oder mehrere Leistung(en) in Form des PersB, dann können die das nicht ablehnen. Und um den Bedarf festzustellen, werden persönliche Gespräche mit allen Beteiligten geführt. So einfach am Telefon irgendwelche Summen ansagen, ist nicht! Das alles ist ein ordentlicher Verwaltungsakt mit entsprechenden Regeln. Die Beteiligten müssen sich daran halten.

@Sisa: Es gibt auch ein sog. Freizeit-Budget. Lies mal im Durchbruch 02/08 nach. Da ist ein Beispiel aufgeführt.

Viele Grüße
Sascha
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