von KatrinHH » 5/4/2011, 08:48
Hallo Martina!
Ich habe das Interview zwar nur etwa bis zur Hälfte gelesen und die Preisverleihung im Fernsehen habe ich auch verpasst, aber ich finde die Entscheidung, wieder in die Öffentlichkeit zu gehen, sehr gut. Mag sein, dass ich es als Mutter eines Handicapkindes so sehe, weil ich weiß, das Behinderung leider noch immer ein Tabuthema ist in der Öffentlichkeit.
Andere sehen es aus genau diesem Grund vielleicht anders, denken / sagen, man soll die Öffentlichkeit nicht mit den Schicksalen anderer belasten - für mich ist das eine falsche Einstellung.
Der Artikel beginnt mit der Beschreibung des Wohnumfelds (lange Treppe ohne Hilfsmittel), man weiß nicht, was Lierhaus und ihr Partner sich dabei gedacht haben. Die Treppe kann Trainingsmethode sein, um körperlich nach vorn zu kommen, das fehlende Hilfsmittel wie ein Treppenlift kann aber auch sagen: Ich will nicht nach außen sichtbar gehandicapt sein, ich brauche / will das nicht, obwohl es anstrengend ist, dann gelte ich ja als behindert... Oder so ähnlich.
Sie geht trotz allem an die Öffentlichkeit - mit dem Interview und auch im Fernsehen und zeigt damit allen, dass es auch nach Kopf-OP und Koma positiv weitergehen kann. Die meisten verzweifeln nach so einem Ereignis und verstecken sich zu Hause - das ist für mich der falsche Weg.
Ob es nun ein so hohes Jahresgehalt sein muß für eine Sendung, die etwa einmal wöchentlich maximal 5 Minuten ausgestrahlt wird, bezweifle ich. Aber die Summe ist ja wohl auch nur bekannt geworden, weil ein Promi mit Handicap ihn bekommen soll. Andere Promis haben keines oder kaum einer weiß es (z.B. Frank Elstner ist einseitig blind, hat ein Kunstauge (ich glaube, rechts) - man sieht es daran, dass Gäste in seinen Sendungen immer nur auf der Seite des sehenden Auges stehen, damit sie nicht im toten Winkel verschwinden) - da diskutiert auch keiner über die Gehaltshöhe. Andere Promis haben Kinder mit Handicap (Matthias Reim - Sohn im Rollstuhl; G.G. Andersen - Sohn mit Autismus - werden diese Kinder im Erbfall auf ein Taschengeld gedrückt und der Rest landet beim Staat oder in Heimplätzen, oder....?)
Ich finde es generell gut, wenn Menschen mit Handicap in die Öffentlichkeit und auf die Strasse gehen. Meistens sind es Erwachsene nach einem Unfall oder Senioren, Kinder sieht man kaum, leider. Das liegt aber daran, dass Kinder mit Fahrdiensten von Tür zu Tür transportiert werden und meistens ganztägig untergebracht sind, zu Uhrzeiten nach Hause kommen, als wären sie vollzeibeschäftigt. Bis dahin haben die Eltern alle Termine, Einkäufe etc. erledigt und bleiben mit den Kindern in der Wohnung. Nur in den Ferien sehe ich öfter Kinderrollis oder Kleingruppen, die innerhalb einer Betreuung unterwegs sind - Beobachtungen aus Hamburg. Zudem gibt es ja kaum Kinder, die wie Jacqueline, rein körperlich behindert sind und genau wissen und äußern können, was sie wollen oder nicht.
Am Wochenende ist Jacqueline z.B. auf einem nahegelegenen öffentlichen Sportplatz 3 schnelle Runden gefahren - wann sieht man Rollis auf Sportplätzen? Viele Senioren, die einen SBA haben, sagen z.B. im Bus, sie seien "schwerbeschädigt", um einen Sitzplatz zu bekommen - keiner will "behindert" sein.... Das ist wohl auch der Grund, warum auf Monica Lierhaus so reagiert wird, Behinderte haben nur Anspruch auf ein Gehalt in Taschengeldhöhe, weil sowieso kaum einer klar denken und damit umgehen kann, laut Öffentlichkeit.
Ich finde den Schritt genau richtig - hoffentlich gibt es bald mehr, die ihn gehen.
Gruß, Katrin
Katrin (10/74), Tetraspastik / Diplegie und Epilepsie ohne Hilfsmittel; Jacqueline (9/02), HSP, eine seltene genetische fortschreitende Erkrankung, seit Sommer 2010 mit Rolli. Sie hat es vom Vater geerbt, lebt auch bei ihm.