von Karenjappy » 30/6/2010, 21:12
Hallo Stebkes,
heute ist FuĂźballpause, so kann ich endlich mal meinen Bericht vom Kongress verfassen.
Zuerst einmal eine grundsätzliche Erklärung zur Behindertenrechtskonvention:
UN-Konvention über die Rechte von Menschen von Behinderung = Die Konvention wurde von fast 200 Staaten der Vereinten Nationen unterschrieben. Die UN arbeitet daran, dass alle Menschen auf der Welt möglichst gut leben können. Eine Konvention ist kein Gesetz, es ist ein Übereinkommen zwischen mehreren Staaten, die gemeinsam einen Vertrag abschließen über gemeinsame Ziele. An der Behindertenrechtskonvention haben auch Menschen mit Behinderung und die Verbände mitgearbeitet. In Deutschland ist die Behindertenrechtskonvention am 26.03.2009 in Kraft getreten. Das Übereinkommen wurde somit ratifiziert (gültig machen). Bundestag und Bundesrat, also Bund und Länder verpflichten sich damit, die Menschenrechte von Menschen mit Behinderung sicherzustellen. Behindertes Leben ist ein normaler Bestandteil menschlichen Lebens und der menschlichen Gesellschaft.
Allgemeine Grundsätze:
a) die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit;
b) die Nichtdiskriminierung;
c) die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft;
d) die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit;
e) die Chancengleichheit;
f) die Zugänglichkeit;
g) die Gleichberechtigung von Mann und Frau;
h) die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.
Die Staaten verpflichten sich mit der Ratifizierung, die geeigneten Gesetze zu schaffen, um die UN-Konvention umzusetzen.
Zusammenfassung BRK:
Menschen mit Behinderung haben die gleichen Rechte wie alle anderen Menschen.
Das Recht auf Leben, auf Freizügigkeit, auf Bildung, auf Arbeit und auf Zugang zu Informationen, das Recht auf unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft, das Recht auf Achtung der Privatsphäre, der Wohnung und der Familie, das Recht auf Teilhabe am politischen, öffentlichen und kulturellem Leben.
Der Unterschied der Begrifflichkeiten Integration und Inklusion
Inklusion:
Der Begriff Inklusion bedeutet: Einbeziehung, Einschluss, Dazugehörigkeit
Integration bedeutet: Widerherstellen /Herstellen des Ganzen
Wo ist der Unterschied: Bisher haben wir immer von Integration gesprochen. Wir haben eine Gesellschaft der *Normalen*, die einzelne Randgruppen in diese bestehende Gesellschaft integrieren (Integrationskindergarten).
Im Gegensatz dazu reden wir heute von Inklusion. Die Gesellschaft sind wir. Alle sind die Gesellschaft und sie wird erst dadurch lebendig, dass wir alle unterschiedlich sind. Zu einer lebendigen Gesellschaft gehören Behinderte, Alte, Migranten, alle Religionen, einfach alle Menschen. Inklusion bewirkt in der Gesellschaft eine Veränderung im Denken und Handeln. Niemand wird ausgeschlossen. Menschen mit Behinderung werden selbstverständlich angenommen.
Inklusion bedeutet aber auch, dass alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten haben. Jeder Mensch nimmt gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft und in der Gemeinschaft teil. Alle Menschen haben die gleichen Möglichkeiten und unterstützen sich dabei gegenseitig. Jeder bekommt die Unterstützung, die er braucht. Jeder hat ein Wunsch- und Wahlrecht und kann selbst über sein Leben entscheiden.
Beim Kongress habe ich mir folgende Vorträge angehört:
Schließung von Großeinrichtungen, Wohnen im Wohnheim oder in einer eigenen Wohnung, Persönliches Budget, Inklusive Bildung, Gemeindenahes Wohnen, Auswirkung der Konvention auf regionale Regierungen, Stärkung von Menschen mit schweren Behinderungen, Menschen mit hohem Hilfebedarf, Arbeiten für Menschen mit geistiger Behinderung, Inklusive Werkstatt, Gesundheit, Umsetzung auf lokaler Ebene
Und das habe ich aus der Veranstaltung mitgenommen:
- Die Gesetze sind gemacht und mĂĽssen jetzt eingefordert werden
- Es passiert nichts, wenn wir es nicht selber in die Hand nehmen
- Wir sind eine Gesellschaft
- Auch schwerbehinderte Menschen haben ein Recht auf Inklusion
- Behinderte Menschen haben ein Recht auf Mitsprache
- Wir mĂĽssen Inklusion in den Organisationen und bei den Familien bekannt machen
- Wir müssen aufhören bei den Behinderungen Unterschiede zu machen
- Die behinderten Menschen müssen steuern und nicht die Leistungsträger
- Vision = Leben in Nachbarschaft
- Es mĂĽssen soziale Netzwerke entwickelt werden
Resumee:
Der Kongress war ein tolles Ereignis, ich habe viele tolle Menschen kennengelernt. Behinderte Menschen haben ganz selbstverständlich an allen Veranstaltungen teilgenommen und sogar zeitweise geleitet. Wir haben hier wirklich sinnvolle Gesetzte bekommen, jetzt ist unser Einsatz als Eltern gefragt, die neuen Vorgaben auch für unsere Kinder einzufordern.
LG
Karen *67 mit Johanna *93 (allerg. Asthma, Pupura Schönlein Hennoch 09), Anton *94 (Temporallappenhypoplasie, Arachnoidalzyste rechts, Seh- und Hörbehindert, Skoliose OP 03/2009, keine Sprache, 00-09 Blindenschule Friedberg, 01/2010 bis 02/2011 Wohnheim) und Paulina *98 (unser Wirbelwind)