Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung:

Für Eltern mit "blinden" oder sehbehinderten Kindern und den daraus resultierenden Fragen der Eltern

Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung:

Beitragvon ehm. Userin » 11/11/2008, 15:13

Hier etwas neues für Euch, wenn es Euch interessiert.

LG
Jean

Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung: Weißer Stock nicht nur für gesetzlich "blinde" Verkehrsteilnehmer


Sehr geehrte Damen und Herren,

Mit Schreiben vom 31.01.2007 hatte der DBSV den Bundesverkehrsminister um eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) gebeten. § 2 Abs. 2 Satz 3 FeV lau-tet: "Blinde Fußgänger können ihre Behinderung durch einen weißen Blindenstock, die Begleitung durch einen Blindenhund im weißen Führgeschirr und gelbe Abzei-chen nach Satz 1 kenntlich machen." Unsere Bitte ging - entsprechend dem Vor-schlag des DBSV-Verbandstags 2006 (TOP 12 AG 3) - dahin, in diesem Satz den Personenkreis auf "wesentlich sehbehinderte Fußgänger" auszuweiten. Der Bundes-verkehrsminister ist inzwischen, was ich aber leider erst jetzt erfahren habe, dieser Bitte mit der Vierten Verordnung zur Änderung der FeV nachgekommen. Der Bun-desrat hat der Änderung zugestimmt, sie wurde am 29.7.2008 im Bundesgesetzblatt (I. S. 1338) veröffentlicht.

Unseren Änderungsvorschlag hatten wir im Wesentlichen wie folgt begründet:



"Die Regelung in § 2 FeV entspricht dem früheren § 2 StVZO und wurde in einer Zeit eingeführt, als es die heutigen Definitionen von "Blindheit", "hochgradiger Sehbehin-derung" und "wesentlicher Sehbehinderung" noch nicht gab. Die heute in Deutsch-land geltende gesetzliche Begriffsbestimmung für "Blindheit" (AHP Nr. 23: Visus bis 0,02) ist enger als die internationale Klassifizierung der WHO (ICD.10: Visus bis 0,05).

Im deutschen Sozialrecht werden überdies die "blinden" mit den "hochgradig sehbe-hinderten" Menschen fast überall gleichgestellt. So sind zum Beispiel auch sämtliche "Blindenhilfsmittel" (darunter der weiße Langstock und der Blindenführhund und das jeweils dazu gehörende Mobilitätstraining) nach dem Hilfsmittelverzeichnis der GKV-Spitzenverbände (Produktgruppe 07) ohne Unterschied auch den hochgradig sehbe-hinderten Versicherten zu gewähren. Dieser Personenkreis ist im Hinblick auf die Mobilitätsschulung mit dem weißen Stock nach Ansicht der Experten (Stellungnahme der DOG-/BVA-Kommission Ophthalmologische Rehabilitation, in: Der Augenarzt 12/2006) auszuweiten auf die wesentlich sehbehinderten Personen (Visus bis 0,1 bzw. GdB 70 wegen der Sehbehinderung). Tatsache ist also, dass Personen, die nach deutschem Recht nicht "blind" sind, von den Krankenkassen mit einen weißen Blindenstock oder mit einen Blindenführhund ausgestattet werden, und dass auch in diesen Fällen die Hilfsmittel als Verkehrsschutzzeichen im Sinne des § 2 FeV im Gebrauch sind. Auf die besorgte Frage, ob dies überhaupt zulässig sei, haben wir bisher immer die Auffassung vertreten, dass das Wort "blind" in § 2 FeV nach dem Sinn und Zweck der Regelung weit auszulegen ist."

Der Bundesverkehrsminister hat sich in der offiziellen Begründung des Verordnungs-entwurfs (BR-Drucksache 302/08) unserem Vorbringen fast wörtlich angeschlossen. Darüber hinaus hat er in § 2 Abs. 1 FeV den Ausdruck "körperliche oder geistige Mängel" durch "körperliche oder geistige Beeinträchtigungen" ersetzen lassen.

Was bedeutet die Erweiterung auf "wesentlich Sehbehinderte"? Es ist jetzt eindeutig, dass nicht nur gesetzlich "blinde" Verkehrsteilnehmer sich den weißen Stock oder den Führhund im weißen Führgeschirr als Verkehrschutzzeichen zu Nutze machen dürfen. Das heißt: Wenn man ihnen im Fall eines Unfalls ein Verschulden anlasten will, das bereits darin bestehen soll, dass sie sich trotz der Sehbehinderung als Fuß-gänger ohne Begleitung in den Straßenverkehr begeben haben, so bewirkt das Ver-kehrsschutzzeichen, dass dieser Vorwurf nicht akzeptiert wird. Der Nachweis eines Verschuldens setzt vielmehr voraus, dass ein konkretes individuelles Fehlverhaltens nachgewiesen wird. Andererseits: Eine gesetzliche Pflicht, die in § 2 FeV genannten Verkehrsschutzzeichen zu nutzen, gibt es nicht, nicht einmal für Vollblinde. Dies zu tun, ist aber blinden und hochgradig sehbehinderten Fußgängern dringend anzura-ten. Doch auch für wesentlich sehbehinderte Fußgänger können sie in dem einen oder anderen Fall sinnvoll sein.


Hingewiesen sei schließlich noch darauf, dass die Krankenkassen den weißen Stock oder den Blindenführhund nur im Hinblick darauf gewähren, dass sie als Mobilitätshil-fen eingesetzt werden, und nicht im Hinblick auf ihren Einsatz als Verkehrsschutzzei-chen. Es gibt also keinen Anspruch auf Versorgung mit Verkehrsschutzzeichen - we-der für Blinde, noch - nach der Erweiterung der FeV - für wesentlich Sehbehinderte.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Thomas Drerup
Rechtsreferent
ehm. Userin
 

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